
Ich gehöre angeblich zur Risikogruppe, habe dies aber von Anfang an nicht so empfunden. Gesundheitlich fühle ich mich wohl, ich bin auch medikamentös gut eingestellt trotz Diabetes und Bluthochdruck. Trotzdem ist und war diese Zeit mit dem Corona-Virus bisher schon eine gewisse Herausforderung.
Der Beginn im März kam für mich sehr abrupt. Es gab keine Frauentreffen im Kaffeehaus mehr, keine Lesespaßstunden in der Stadtbibliothek, keine Besuche im Fitnessstudio, keine Gottesdienste, kein Singen und Tanzen, kein Sprechcafe mit lieben Frauen, keine Friedensgebete, keine Gymnastik usw.
Das heißt, ich hatte plötzlich viel Zeit. Wie viele andere Leute nutzte ich sie teilweise zum ausgiebigen Putzen vor Ostern und zum Entrümpeln. Es gab Zeit zum Lesen, die Berichte im Fernsehen und im Internet anzusehen etc.
Positiv fiel mir auf, dass am Anfang sehr viele hilfsbereite Menschen da waren, die anriefen oder fragten: Kann ich helfen, kann ich was mitnehmen, einkaufen oder zum Arzt gehen?
Aber ich kaufe noch immer gerne selbst ein, wobei ich große Einkaufszentren oder Supermärkte meide. Ich mag die kleinen Geschäfte, das war aber auch schon vor der Corona-Pandemie der Fall. Besonders liebe ich ja den Wochen- und Frischemarkt, da war ich schon traurig, als dieser eingestellt wurde.
Das schöne Wetter kam mir entgegen, da ich gerne mit dem Fahrrad fahre, so versuche ich zumindest ein bisserl was für meine Fitness zu tun. Vor allem die täglichen Friedhofsbesuche sind mir sehr wichtig geworden. Ich telefoniere viel mehr als früher und schreibe auch öfter E-Mails, vor allem versuche ich so den Kontakt zu Freund*innen und Verwandten zu halten und mich über Gott und die Welt auszutauschen.
Eine liebe Freundin hat am Beginn der Einschränkungen täglich eine E-Mail geschickt mit Gebeten oder einem Psalm-Wort, was mir sehr viel bedeutet hat. Leider gab in der zweiten Woche ihr Computer den Geist auf, so gab es diese „Trostworte“ nicht mehr. Dafür gab es zu Ostern sehr bereichernde Gottesdienstfeiern im Internet bzw. im Fernsehen, und auch die täglichen Impulse von Pfarrer Lang sprechen mich sehr an.
Außerdem habe ich mir immer die Sonderausgabe von „Pfarre aktuell“ aus der katholischen Kirche geholt, wo auch sehr ansprechende Texte standen. Diese nahm ich auch für Nachbarinnen und Freunde mit.
Manchmal fiel mir schon die Decke auf den Kopf, da war ich einfach nur traurig und auch wütend oder genervt.
Ich habe aber das Glück, in einem Haus mit Garten und Balkon zu wohnen. Jetzt, wo die Gärtnereien wieder offen haben, kaufe ich gerne Blumen, die ich in die Balkonkisterl pflanze, und ich liebe ja die Igel und die Vögel im Garten.
Außerdem bin ich nicht allein, da meine Schwester mit ihrem Mann und dem jüngsten Sohn auch im gleichen Haus wohnt.
Natürlich fehlen mir die persönlichen Kontakte zu meinen Freundinnen und vor allem den Urgroßneffen und der Urgroßnichte.
Manchmal gab es schon nette Gespräche am Stadtplatz oder auch am Friedhof, auf jeden Fall mit dem richtigen Sicherheitsabstand und in letzter Zeit auch mit Mund- und Nasenschutz.
Angenehm finde ich, dass der Flugverkehr fast vollständig zum Erliegen gekommen ist und auch der Autoverkehr zumindest bis vor kurzem sehr stark eingeschränkt war. Die Luft ist seither wesentlich besser und klarer geworden.
Zu Beginn der Einschränkungen hatte ich das Gefühl, dass viele Leute nachdenklicher wurden und auch mehr Rücksicht auf andere nahmen, leider bemerke ich, dass in letzter Zeit wieder mehr Aggressivität um sich greift und die Leute wieder rücksichtsloser werden. Manche Verkäuferin beklagte sich schon, dass die Leute sehr ungeduldig sind und oft lästig werden, weil sie den Mund-Nasenschutz tragen müssen.
Brigitte Schlair